Was einen seriösen Berater ausmacht…oder auch nicht.
Anlageberater haben nicht den besten Ruf. Immer wieder soll es vorgekommen sein, dass sie ihren Kunden die falschen Produkte andrehen, nur um Provision zu kassieren. Doch wie erkennt man einen guten Berater? Zehn Tipps für eine Erstauswahl.
1. Bankgeheimnis “Um wieviel soll es denn bei Ihnen gehen?” Wer eine solche Frage am Schalter zu hören bekommt, sollte gleich das Weite suchen. Denn hier will der Berater offensichtlich nur prüfen, ob es sich die Beratung überhaupt lohnt oder ob man den Kunden gleich abfertigen kann. Ein guter Berater spricht mit Ihnen nicht unter allgemeiner Anteilnahme über Geld, sondern unter vier Augen und Ohren. Diskretion ist oberstes Gebot.
2. Keine Eile Ein guter Berater nimmt sich Zeit. Er vertröstet Sie nicht auf ein späteres Telefonat oder einen zweiten Besuch. Für einen ersten, umfassenden Finanzcheck braucht er mindestens eine Stunde. Je mehr Informationen vorliegen, umso besser kann die folgende Beratung auf die individuellen Ziele, Wünsche und Bedürfnisse abgestimmt werden.
3. Bedürfnisse prüfen Seien Sie misstrauisch! Auch mir gegenüber. Bevor der Berater ein passendes Produkt anbieten kann, muss er sich zuerst ein genaues Bild über die finanziellen und familiären Verhältnisse des Kunden machen. Auch die zukünftigen Einnahmen und Ausgaben sind ein elementarer Bestandteil einer ordentlichen Finanzplanung. Ein guter Berater ermittelt Erfahrungen und Risikoneigung bei der Geldanlage, erfragt Wünsche fürs Alter.
4. Vielfalt Viele Gesellschaften bieten nur hauseigene Produkte an. Gerade bei Sparkassen und Volksbanken ist das oft der Fall. Ich weiß wovon ich spreche! Die Auswahl ist dadurch begrenzt, den Anlegern können Chancen entgehen. Faire Berater stellen Ihnen auch Produkte anderer Banken und Versicherungen vor, statt nur hauseigene Ware aufzuschwatzen, an der sie mehr Provision verdienen.
5. Bedenkzeit Ein guter Berater lässt Ihnen Zeit. Im Anschluss an das Gespräch gibt er Ihnen Gelegenheit zum Nachdenken und fragt, wann und ob er sich wieder bei Ihnen melden soll. Drängt er dagegen auf eine schnelle Entscheidung, kommt es ihm nur auf den Abschluss an. Grundsätzlich sollte man bei Entscheidungen dieser Tragweite und meistens auch dieser langen Laufzeiten mindestens eine Nacht darüber schlafen. Keine Kapitalanlageentscheidung ist so dringend, dass man sie nicht auf den folgenden Tag verlegen könnte.
6. Keine große Versprechen Ein Kapitalanlageprodukt mit einer außergewöhnlichen, über dem Marktdurchschnitt liegenden Rendite? Vorsicht! Gehen Sie allzu optimistischen Renditeversprechen nicht auf den Leim. Erst recht, wenn diese allein mithilfe historischer Charts begründet werden. Je nach dem gewählten Startzeitpunkt lässt sich mit dieser Methode alles und nichts belegen. Ein seriöser Finanzberater schätzt Renditen einzelner Produkte realistisch ein. Nächster Grundsatz in der Finanzwelt: Es wird Ihnen nichts geschenkt – auch nicht von mir.
7. Klumpenrisiko vermeiden Niemals sollten Sie sich dazu drängen lassen, den Großteil des Ersparten in ein einziges Produkt zu stecken. Das Risiko ist einfach zu groß. Das mussten Anleger bitter erfahren, denen man Lehman-Zertifikate empfohlen hatte. Viele investierten ihre gesamte Altersvorsorge in diese Papiere – sie verloren alles. Gute Berater beherzigen die Regel “Nicht alle Eier in einen Korb” und bieten Ihnen verschiedene Anlagevarianten wie Renten, Aktien, Fonds und Immobilieninvestments an und weisen detailliert auf deren Risiken hin. Darüber hinaus sollte man nicht alle Anlagen bei einer Gesellschaft positionieren.
8. Kein Fachchinesisch Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Selbst wenn der vermeintliche Experte mit komplizierten Fachbegriffen um sich wirft, heißt das noch lange nicht, dass er weiß, wovon er spricht. Viele Berater haben selbst keine Ahnung von den Produkten, die sie verkaufen. Fragen Sie immer nach. Sollte keine verständliche, ausreichende und befriedigende Antwort vorhanden sein – werfen Sie den Verkäufer raus! Im Zweifel gilt die Regel: Was Sie nicht verstehen, sollten Sie auch nicht kaufen!
9. Über Kosten aufklären Sie erkennen einen seriösen Berater daran, dass er über anfallende Kosten wie Ausgabeaufschlag, Managementgebühr und/oder Verwaltungsvergütung aufklärt. Verschweigt er versteckte Kosten, ist möglicherweise auch an anderen Stellen etwas faul. In dem Fall sollten Sie sich lieber gleich einen anderen Berater suchen.
10. Protokoll aushändigen lassen Für Bankkunden gelten seit dem 1. Januar 2010 neue Regeln bei der Wertpapieranlage. Berater sind nun gesetzlich verpflichtet, den Kunden vor dem Abschluss eines Vertrages ein umfangreiches Protokoll des Beratungsgesprächs mit allen wichtigen Details auszuhändigen. Ergänzen Sie dieses Protokoll, sofern Ihnen etwas darin nicht aufgeführt wird was für Sie von Bedeutung ist. Unabhängig von gesetzlichen Vorschriften ist das Protokoll im Laufe der Jahre eine gute Hilfe sich diverser Themen wieder zu widmen.
Quelle: Handelsblatt vom 07.08.2010, eigene Informationen
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